Verschwörungstheorie


Bin ich ein Verschwörungstheoretiker? 

von Martin Keymer

Ernsthaft habe ich mir die Frage gestellt, ob ich persönlich unter den Begriff des „Verschwörungstheoretikers“ falle. Viel zu oft fällt dieses Wort in letzter Zeit, doch was hat es eigentlich zu bedeuten?

 Aufgrund meiner medizinischen Ausbildung und über 40-jährigen Praxiserfahrung hatte ich in meinem Leben viel Kontakt mit kranken Menschen. Darüber hinaus habe ich drei Kinder großgezogen und war selbst schon einmal krank und bin gesund geworden, so dass ich doch in vielerlei Hinsicht arge Zweifel an den Aktivitäten von fachfremden Politikern und selbsternannten (oder von Lobbyisten berufenen) "Fachleuten" habe - vor allem in Hinblick auf meine medizinische Vor- und Ausbildung.

 

Diese Zweifel habe ich mir erlaubt mehrfach auch nach außen zu tragen (Statements, Podcast), sie öffentlich zu diskutieren und auch in der Öffentlichkeit entsprechend zu agieren.

All dies führte logischerweise dazu, dass ich mich so verhalte, wie die lange Liste von durchaus prominenten und außerordentlich kompetenten Vertretern der Medizin, der Psychologie, der Ökonomie, der Mathematik und auch anderen Fachrichtungen, die inzwischen öffentlich als Verschwörungstheoretiker dargestellt werden.

Es stellte sich mir also die Frage: „Bin ich auch ein Verschwörungstheoretiker?“

Das komische dabei war von Anfang an, dass ich mich einfach nicht in die Semantik (Wortbedeutung) dieses Wortes einfühlen und mich somit nicht darin wiederfinden konnte.

Sie alle wissen, dass ich die Sprache liebe und besonders auch die Bedeutung der Sprache und der Wortbegriffe (denken Sie hier z. B. an meine Ausarbeitung „Das Leben ist unberechenbar – Leben ist mehr als Bits und Bytes“ – zum Thema Semantik und Syntax im Gegensatz zu digitalisierten Impulsen).

Also habe ich mir die Zeit genommen, einmal den Duden zu Rate zu ziehen, ein Buch, das ich wirklich sehr liebe, und das auch schon wirklich sehr gebraucht bei mir aussieht. Meine neueste Ausgabe des Dudens ist die 7. Auflage aus dem Jahre 2011.

Völlig erstaunt fand ich den Begriff „Verschwörungstheoretiker“ nicht in diesem Wörterbuch. Sicher, dass das Fehlen dieses heutzutage so häufig gebrauchten Wortes ein Fehler in meinem Duden war (etwas, was ich noch nie festgestellt hatte), ging ich auf Duden.de, doch auch hier ließ sich der Begriff „Verschwörungstheoretiker“ nicht finden.

Doch schaut man heute ja auch nicht mehr in den Duden, sondern man schlägt bei Wikipedia nach. Und siehe da, bei dem Stichwort „Verschwörungstheoretiker“ gibt es keinen Eintrag, es kommt lediglich der Verweis auf „Verschwörungstheorie“:

Also halten wir zunächst einmal fest, dass meine Unfähigkeit, mich in den Begriff des Verschwörungstheoretikers hinein zu fühlen, offensichtlich darauf beruht, dass es dieses Wort gar nicht gibt.

Bei Wikipedia gibt es folgenden Eintrag:
„Als Verschwörungstheorie wird im weitesten Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck.“ (Quelle: Wikipedia)*

Ein Verschwörungstheoretiker soll demnach jemand sein, der dieser Theorie anhängt und diese unterstützt.

Wenn ich mich von der anderen Seite nähere und das Wort auseinandernehme, stellt es sich so dar:


I) Ver-

ist eine Vorsilbe, die in Bildungen mit Substantiven oder Adjektiven und einer Endung ausdrückt, dass sich eine Person oder eine Sache im Laufe der Zeit zu etwas (was im Substantiv oder Adjektiv genannt wird) hin verändert.

Und, ganz spannend, dass eine Person (oder Sache) mit etwas versehen wird.


II) Schwören-

die Definition für das Gericht können wir an dieser Stelle bei Seite lassen.

Spannend wird es nachfolgend: „versichern“, „geloben, die Wahrheit zu sagen“, „bin ganz sicher“, „fest davon überzeugt“, „beteuern“, „feierlich versprechen“, „etwas für am besten geeignet halten“. Nun, das trifft den Kern doch sehr gut.

Schwur-

dementsprechend ein „Gelöbnis“.

 

III)  Verschwören-

„sich mit jemandem verbinden“, „ein Bündnis schmieden“

„sich mit ganzer Kraft für etwas einsetzen“, „sich seiner Freiheit verschwören“, „sich seinem Beruf verschwören“.

All dies trifft auf mich auf jeden Fall zu! Also kann ich dieses Wort für mich annehmen.

 

IV) Theoretiker-

Derjenige, der die theoretischen Grundlagen für etwas erarbeitet, der sich mit der Theorie eines Gebietes auseinandersetzt.

Wenn ich mir meinen Werdegang anschaue, dann ist mein großes Thema die Diagnose- und Therapiesystematik. Die Systematik der einzelnen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten ist jedoch etwas Verbindendes, das sich in der Praxis am nächstbesten Patienten bewähren muss.

Ich bin eben ein Heilpraktiker und kein Heiltheoretiker …

Im Gegensatz zum momentanen Beraterkreis der Bundesregierung, in dem man in reichlichem Maße eher Heiltheoretiker findet – was man zum Beispiel an der Fülle von sich widersprechenden Äußerungen erkennen kann, denn Theorien sind austauschbar - die Praxis aber muss sich bewähren und ist außerhalb der Theorie quasi "in einer anderen Liga".

Nur die praktische Anwendung zeigt die Anwendbarkeit und Richtigkeit einer Theorie – das Wort Theoretiker ist somit für mich nicht anwendbar.

 

V) Verschwörungs- theorie

Spannend wird es bei dem Wort „Verschwörungstheorie“, denn hier ist nur von der Vorstellung der Annahme die Rede, dass eine Verschwörung oder eine verschwörerische Unternehmung Ausgangspunkt von etwas sei – also tatsächlich eine reine Theorie (siehe auch Wikipedia zuvor).

Diese Definition widerspricht jedoch der Definition des Theoretikers!



VI) Verschwörungs- theoretiker

Eine Definition dieses Begriffes gibt es also verständlicherweise nicht, da aus der Semantik der Begriff des Theoretikers nicht mit dem Begriff „verschwören“ kompatibel ist, nur der Begriff Theorie.  

 

Meine lieben Freunde, meine lieben Kollegen, ich lasse mich gerne belehren, denn ich gehöre ja nicht zu den "Unbelehrbaren" (auch so ein neues Modewort; spannend auch dies im Duden nachzuschlagen), aber nach dem jetzigen Stand meines Wissens und meiner persönlichen Analyse, kann ich eins nicht sein: ein Verschwörungstheoretiker.

 Oder, wie schon mein unvergessener Deutschlehrer Dr. König (ein wahrer Meister der Semantik) in meiner Schulzeit zu sagen pflegte - eines meiner Lieblingszitate:

 

„Die Theorie verhält sich zur Praxis wie die Be-hauptung zur Ent-hauptung“.

 

gez. Martin Keymer